Wie Blind Booking funktioniert, hatte ich ja schon beschrieben. Nun sollte es also nach Sofia gehen, der Hauptstadt Bulgariens. Zugegeben, eine Stadt, die ich so gar nicht auf dem Zettel hatte.

Die Vorbereitung

Wie bereitet man sich knapp 5 Tage vorher auf das nun feststehende Reiseziel vor. Ehrlich gesagt, gar nicht. Um das Blind Booking-Gefühl noch etwas weiter zu treiben, habe ich auch an den verbliebenen Tagen mal ausnahmsweise nicht wie ein Wilder recherchiert. Also nicht die Stadtgeschichte gewälzt, die architektonischen Highlights priorisiert und schon mal eine Liste von Restaurants und Bars erstellt. Einfach mal die Stadt machen lassen, quasi altertümlich entdecken.

Tag 1 – Spaß bei der Landung, Hotel und viele Kirchen

Kurz nach vier ging der Wecker, um kurz nach fünf war ich auf dem Weg zum Flughafen. Das ist mit den Öffis zum Glück relativ unproblematisch. Security und Passkontrolle ging recht fix, ebenso das Boarding – ein A319 ist ja recht übersichtlich. So waren auch die beiden Bundespolizisten mit dem Abschiebehäftling direkt zu erkennen.

Durchstarten!

Sofia Approach ProblemSofia Approach Problem

Der Abflug war pünktlich und beinahe wären wir zehn Minuten zu früh gelandet – das hat aber wohl den Tower in Sofia so verwirrt, dass er uns zu früh die Landeerlaubnis gab. Laut Flightradar waren wir bei knapp 800 Metern, das Fahrwerk war bereits draußen, die Turbine im schnurrenden Leerlauf, als der Captain das Ding auf einmal voll hochfährt, die Landeklappen einzieht und noch während das Fahrwerk auf dem Weg in die Maschine war diese relativ steil hochzieht. Durchstarten im Final Approach – hatte ich auch noch nicht.

Nachdem wir in eine Schleife eingbogen waren, gab er dann auch die Erklärung dazu – die Landebahn war noch nicht frei. Danke an die Eurowings-Crew.

Flughafen Sofia – Ankunft

Ich habe schon viele Flughäfen gesehen, aber das Terminal 1 hier ist eine echte Bruchbude. Zudem wimmelt es in der Ankunftshalle von Fake-Taxifahrern, die einem ein Taxi zum „Spezialpreis“ vermitteln wollen. Also habe ich erstmal den Transferbus zum Terminal 2 genommen, da dort die Metrostation ist. Terminal 2 wirkt dann auch eher wie ein Flughafen. Hier habe ich dann am nächsten Automaten erstmal Geld abgehoben, damit ich mir das Metro-Ticket holen konnte. Die Fahrt in die Stadt dauert ca. 30 Minuten und kostet umgerechnet EUR 1,60.

Sofia Zentrum

Da ich bis zum Check-in im Hotel noch etwas Zeit hatte, bin ich von der zentralen Metrostation „Serdica“ die Haupteinkaufsstraße entlang geschlendert, den Boulevard Vitosha. Abgesehen von viel beheizter Außengastronomie ist das aber auch City von der Stange. Immerhin optisch schön gelegen: am oberen Ende eine Kirche, am unteren Ende Blick auf das namensgebende Vitoscha-Gebirge.

Hotel St. Georg

Das Hotel St. Georg liegt zwei Seitenstraßen von der Vitosha entfernt. Als Zimmer hatte man mir ein „Studio“ gebucht, also ein Zimmer mit Kochnische und Balkon. Echt groß. Selbst zu zweit wäre man sich da nicht in die Quere gekommen. Sauber, gepflegt, nettes Personal. Alles in allem eine gute Ausgangsbasis für die Stadt.

Weiter durch die Stadt

Nachdem ich mich kurz frisch gemacht hatte, bin ich zum nächsten Streifzug durch die Stadt aufgebrochen. Zuerst ging es zum Gelände des Nationalen Kulturpalastes – einem sozialistischen Protzbau inmitten einer großen Parkanlage. Ein riesiger (hässlicher) Klotz, aber somit auch das größte Kongress- und Eventcentrum in Südosteuropa.

Nationaler Kulturpalast

Nach diesem Großbau bin ich weiter in die Stadt eingetaucht und habe mir vor allem Seitenstraßen angesehen; hier glaubt man nicht, dass man sich im Zentrum einer europäischen Hauptstadt befindet. Die Fußwege sind ziemliche Stolperfallen, die Häuser wirken – zumindestens von aussen – relativ heruntergekommen und schäbig. Die vorherrschende Farbe ist Grau.

Da man dort nicht drum herum kommt, habe ich mir die beiden orthodoxen Kirchen „Sweta Nodelja“ und „Templi Sveti Vmchk. Georgi Popodonets“ angeschaut. Letztere ist von außen ebenfalls recht angeschlagen, etwas Farbe wäre nicht schlecht. Innen sind beide aber sehr festlich: viele Votivkerzen, viele Ikonen und natürlich die festlich geschmückte Ikonostase, also die Trennwand zwischen Altarraum und „Zuschauerbereich“. Fotografiert habe ich in beiden Kirchen nicht, das wollte ich mir für die große Kathedrale aufheben.

Ok – eine Sache habe ich vorher recherchiert: Tattoostudios. Und so bin ich direkt Montag in eins in Hotelnähe rein und habe einen Termin gemacht. Da ich immer die lokale Kulinarik als Thema habe, sollen die bis Mittwoch mal schön recherchieren, welche Motive es denn so gibt 🙂

Zum Abendessen war ich im „Shtastliveca“ – mehr dazu bei Sofia kulinarisch.

Tag 2 – Vitosha, Vororte und Kathedrale

Sonnenschein und strahlend blauer Himmel verhießen einen schönen Tag. Nach einem kurzem Frühstück im Hotel ließ ich mich für 13 Lewa vom Taxi bis in den Vorort Simeonovo fahren, der Talstation der Gondelbahn rauf ins Vitosha-Gebirge. Nach der grauen Stadt wollte ich mal etwas Natur sehen – und die Aussicht aus der Gondel ist echt schön. Über die komplette Sofia-Ebene bis hin zum Balkangebirge ging der Blick. Das war auch mein primärer Grund für die Gondel, denn an Wanderungen war an der Bergstation nicht zu denken, dort oben lag eine Menge Schnee; mehr als ein kleiner Spaziergang war da nicht drin – dafür aber ein Snack im Panoramarestaurant. Nach gut einer Stunde bin ich dann schon wieder runter gefahren, gelohnt hatte sich der Trip aber auf jeden Fall – und 17 Lewa für die Fahrt (ca. 9 Euro) sind auch nicht die Welt.

Durch die Vororte

Wieder unten angekommen wollte ich zu Fuß zurück in die Stadt; oder auf jeden Fall bis zur nächsten Metrostation, Sofia Business Park. Dazu lagen aber erstmal knapp dreieinhalb Kilometer Vorort-Flair vor mir. Und das war optisch echt nicht schön. Die Stadt selbst ist ja grau, hat dafür aber relativ intakte Straßen. Die gibt‘s in den Vororten eigentlich nicht, eher lehmige Wege. Zum Glück war es trocken. Auch wenn‘s fies klingt, das Wort „heruntergekommen“ trifft es leider am besten. Verfallene Häuser, Autowracks, tote Baustellen. Nachdem ich die Stadtautobahn unterquert hatte, wurde es etwas besser.

Aleksandar-Newski-Kathedrale

Von der Metrostation konnte ich bis zur Uni durchfahren – von dort sind es dann auch nur ein paar Meter bis zum Wahrzeichen von Sofia – der Aleksandar-Newski-Kathedrale. Macht von aussen echt was her mit den vielen ineinander übergehenden Elementen und den goldenen Kuppeln. Hier habe ich mir dann auch das Foto-Permit geholt – zum Glück hatte ich aber auch mein Stativ dabei. Ganz ehrlich, was finden die Orthodoxen so an der Dunkelheit? Bemalen ihre Kirchen innen prunkvoll mit Ikonen und kloppen Gold an jede Ecke – die Beleuchtung ist dann aber ziemlich mau, so dass alles immer im diffusen Halbdunkel liegt. Ich hab versucht, trotzdem ein paar passable Bilder zu schießen.

Sensa-Hotel

Wieder im Hellen war endlich ein spätes Mittagessen bzw. frühes Abendessen fällig. Die Rooftop-Bar des Sensa Hotels wurde aufgrund der Aussicht empfohlen, also bin ich da hoch – die können auf jeden Fall auch was an der Gabel. Mehr dazu bei Sofia kulinarisch.

Nach einem weiteren ausführlichen Marsch durch die Stadt bin ich abends verhältnismäßig früh, aber sehr platt ins Bett gefallen.

Tag 3

Der dritte Tag begann, wie ich die Stadt kennengelernt hatte – grau. Da ist ein kuscheliges Hotelbett direkt attraktiver. Aber hilft ja nix, ich will ja was von der Stadt sehen. Also raus aus dem Hotel und mal den Nordwesten erkundet. Vorbei am sowjetischen Ehrenmal (relativ schlicht gehalten) bis zur „Mall of Sofia“ – ein typisches Einkaufszentrum wie man es hier auch kennt. Aber relativ leer… ok es war Mittwoch Vormittag. Immerhin konnte ich ein paar Postkarten erstehen, für Briefmarken musste ich mir dann aber ein Postamt suchen. In meiner groben Route befand sich eins, also dorthin. Passende Marken für Auslandskarten gibt es wohl nicht, daher bekam ich je Karte drei Marken. Ok, damit ist ein Teil des Platzes schon belegt.

Minigeschäfte in Seitenstraßen

Von der Post ging es weiter in Richtung Zentralmarkthalle. Die macht auch nur von aussen was her, innen sind es normale Shops und Verkaufsstände. Da sind die winzigen Geschäfte in den verlotterten Seitenstraßen schon interessanter. Ob nun winzige Obst- und Gemüsehändler oder Autoteilezubehör, wo der ganze Laden wie ein Schrottplatz auf 5 qm aussieht. Ob nun Shisha-Zubehör beim Araber um die Ecke oder aber auch der Bestatter mittendrin, der seine Kisten im Schaufenster stehen hat.

Pogacha-Tattoo

Nach einem kurzen Snack ging es dann zu Smokov Tattoo. Ich habe ja den Spleen, mir aus möglichst vielen Reisezielen Tattoos mit lokalen Essensspezialitäten mitzubringen. Hier wurde mir nun Pogacha als Motiv empfohlen, eine regionale Back-Spezialität. Also drauf damit. Meine Tätowiererin Tsvetelina fand es nur lustig 🙂

Ale-House

Nachdem ich so tapfer war, wollte ich mir erstmal ein, zwei Bierchen gönnen. Das Ale-House erschien mir günstig, der Name klang verheißungsvoll. Was soll ich sagen – Zapfhahn am Tisch, was für ein Konzept.

Hadjidragana Tavern

Da ist er auch schon, der letzte Abend. Auch dieser sollte mit typisch bulgarischer Küche begangen werden, dazu bin ich in „The Hadjidragana Tavern“ gegangen, gelegen in einer Seitenstraße der Vitosha. Aber auch hier mehr bei Sofia kulinarisch. Nur so viel – ich bin danach pappsatt ins Bett gefallen.

Tag 4 – Abreise

So schnell kann ein Kurztrip wieder vorbei sein. Am letzten Morgen habe ich in Ruhe meine Sachen gepackt, ein kurzes Frühstück eingenommen und dann erstmal das nächste Postamt gesucht, um meine Karten einzuwerfen. Sonst gibt‘s scheinbar nirgends Postkästen. Danach noch ein zweites spätes Frühstück im „Tables“. Hipster-Bowl, aber lecker.

Flughafen Sofia – Abreise

Im Hotel noch fix alle Devices geladen und dann mit dem Taxi raus zum Flughafen, dem tollen Terminal 1. Fluggastbrücken kann man hier vergeblich suchen, hier wird Bus gefahren. Zum Glück nur wenige Meter, denn die Flieger parken keine 20 Meter entfernt, was insbesondere beim Start der Triebwerke auffällt. Da der Boarding-Scanner an meinem Gate nicht funktionierte und Eurowings auf den Bordkarten die eTIX-Nummer nicht ausweist, musste erstmal an einem anderen Gate meine Buchung überprüft werden. Ich will mal nicht meckern, bisher lief ja alles relativ glatt.

airberlin-Nostalgie

Der A320 der Eurowings hatte noch die alte airberlin-Lackierung, war aber ansonsten in Ordnung. Problemlos ging es dann in knapp 2:40 zurück nach Düsseldorf.

Sofia – ein Fazit

Ich hatte diese Stadt nie auf’m Zettel, insofern bin ich froh, dass es mich jetzt zufällig dorthin verschlagen hat. Ja, die Stadt ist schäbig und grau und hat nicht gerade zig Touri-Attraktionen; aber auch das sollte man mal entdecken. Sich einfach mal durch die Straßen treiben zu lassen und zu schauen, wie die Leute dort wohnen und arbeiten ist auch eine Erfahrung.

Ich denke, man kann sicher eine nette Zeit in Sofia haben, wenn man mit mehreren Leuten unterwegs ist. Alleine ist es da schwieriger; englisch sprechen nur die wenigsten, so richtig auf Touristen ist man nicht eingestellt und die kyrillische Schrift macht es nicht leichter. Kulinarisch passt’s aber gut für mich.

Blind Booking – ein Fazit

Ich werde auf jeden Fall wieder Blind Booking machen. Einfach weg, egal wohin. Hauptsache reisen.

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